Nicht nur
das QM-System (s.o.) muss der Organisation Schule Rechnung tragen,
sondern auch die Umsetzung.
Aus meiner
Erfahrungen ist das System Schule u.a. von zwei Aspekten geprägt:
-
einem
hohen Selbstbestimmungs- und Mitsprachebedürfnis der Lehrkräfte
-
einer
Fülle von Aufgaben – neben der Unterrichtsplanung, -vorbereitung,
-durchführung und -nacharbeit –, die oft weit mehr als 43 Stunden
in Anspruch nehmen: Konferenzen, Elterngespräche,
Schulprogrammarbeit usw. – und jetzt auch noch Qualitätsmanagement!
Der
Modellversuch „quabs"
2
hat diese Aspekte m.E. nicht ausreichend berücksichtigt, was letztlich
zu einer sehr kritischen Einschätzung des Modellversuches geführt hat.
Und ein weiterer Aspekt blieb unberücksichtigt: Erfahrungen bei EFQM
haben gezeigt, dass Organisationen, die bisher noch kein systematisches
QM betreiben, beim ersten Bewertungsprozess bei ca. 10-25% von möglichen
100% liegen. Dies führt zu entsprechender Frustration bei den
Beteiligten. Da hilft es auch nichts zu wissen, dass die Bewerber für
den European Quality Award (EQA) bei durchschnittlich 40% und selbst die
Gewinner des Award nur bei 80-85% liegen.
Mit dem
von „Beratung kreativ“ entwickelten Vorgehen „QM – slim and
simple“
3 wird den oben
beschriebenen Umständen Rechnung getragen, indem
-
durch
ein Großgruppendesign alle MitarbeiterInnen der Schule am
QM-Prozess beteiligt werden und
-
nur
so viel in die Umsetzung geht, wie Energie im Kollegium und bei den
weiteren MitarbeiterInnen vorhanden ist.
Erster Schritt:
Entscheidung für ein QM-Modell
Die
Entscheidung, welches QM-Modell in der Schule zum Einsatz kommen soll,
sollte nach entsprechender Information die Schulleitung treffen. Wie
weit es gelingt, das Modell den MitarbeiterInnen der Schule zu
vermitteln, wird sehr entscheidend davon abhängen, ob es den
kulturellen Eigenheiten der Schule entspricht (siehe Punkt 2).
Zweiter Schritt:
Information, Nutzen und Bedenken
Im
Rahmen einer Gesamtkonferenz wird zunächst über das gewählten
QM-Modell und der damit verbundenen Philosophie informiert. In
Kleingruppen werden dann der Nutzen eines solchen QM-Prozesses für
im
Brainstorming auf einem Flipchart gesammelt. Dabei kristallisieren sich
immer wieder die folgenden Nutzenaspekte heraus:
-
mehr
Transparenz
-
klare
Ziele
-
besseres
Lern- und Arbeitsklima
-
gegenseitige
Unterstützung und Arbeitserleichterung
-
klare
Verantwortlichkeiten
Während
einer Pause können sich alle Anwesenden über die unterschiedlichen
Aspekte informieren. Gemeinsam den Nutzen von QM zu erkennen, ist für
den Gesamtprozess wichtig und verstärkt die oft schon vorhandene
positive Einstellung.
Die
Bedenken werden in den gleichen Kleingruppen mit einer Kartenabfrage
gesammelt, zu Themen geclustert und durch punkten, die Hauptbedenken
priorisiert, die sich in der Regel auf folgende Aspekte konzentrieren:
In
einem weiteren Schritt sind die Kleingruppen aufgefordert, zu Ihren
Bedenken Vorschläge zu entwickeln, wie diesen Bedenken im weiteren
Prozess Rechnung getragen werden kann. Die Schulleitung nimmt dazu
Stellung. Oft reicht es aus, die o.g. Prinzipen und Vorgehensweisen
nochmals zu verdeutlichen, um die Bedenken zu zerstreuen. Ggf. muss
zwischen der Schulleitung und dem Personalrat eine Vereinbarung dazu
getroffen werden, die in einer Folgekonferenz vorgestellt wird.
Dritter Schritt: Stärken
und Verbessungspotenziale bestimmen
Für den
nun folgenden Schritt wird ein pädagogischer Tag empfohlen, der als Großgruppenworkshop
organisiert ist.
Nach
einer Aufwärmphase wird
zunächst in sog. Cornergruppen (pro 15 bis 30 TeilnehmerInnen ein
Corner) gearbeitet. Diese teilen sich wiederum in Kleingruppen von drei
bis maximal fünf TeilnehmerInnen und sammeln stichpunktartig auf großen
Charts an Stellwänden „Stärken und Verbesserungspotenziale“ zu den
fünf Befähigerkriterien (Führung, Politik & Strategie etc., siehe
Grafik im Punkt 2). Durch ein Rotationsprinzip erhalten alle
TeilnehmerInnen die Möglichkeit, zu allen Kriterien ihre Sichtweisen
darzustellen.
Besonders
wichtig ist in dieser Phase, dass die Stärken sichtbar werden und der
gesamte Prozess damit nicht defizitorientiert ist.
Vierter
Schritt: Klärung und Prioritäten setzen
Es
folgt eine Klärungsphase. Nicht verstandene Aussagen werden erklärt.
Aussagen, die nicht von allen so gesehen werden, sofern man zu keiner
Einigung kommt gestrichen. Aussagen, die sich aus unterschiedlicher
Draufsicht bei mehreren Charts wiederholen, werden zusammengefasst.
Unter
der Fragestellung: „Welches Verbesserungspotenzial würde für unsere
Schule einen echten Qualitätssprung bringen“ werden die Aussagen in
der Spalte der Verbesserungs- potenziale priorisiert. Die Prioritätensetzung
erfolgt wieder durch punkten (jede/r 10 Punkte, an mindestens 3
unterschiedlichen Charts zu vergeben, maximal 2 Punkte pro Aspekt).
Dieses Verfahren gewährleistet, dass alle TeilnehmerInnen das gleiche
Gewicht haben und sich nicht diejenigen durchsetzen, die besser
argumentieren können.
Das
Ergebnis wird in einer Rangliste festgehalten.
Fünfter Schritt:
Konsensfindung und Maßnahmen planen
Die
Ergebnisse der Cornergruppen müssen nun zusammengeführt werden. Dazu wählt
jede Cornergruppe zwei SprecherInnen, die sich mit zwei VertreterInnen
der Schulleitung und einer/einem ModeratorIn im sog. Kleeblatt
zusammenfinden. Die Kerngruppe handelt nun aus, welche der im vorangegangenen Schritt gesammelten Verbesserungs- potenziale mit welcher
Priorität realisiert werden soll. Auch dabei hilft zunächst und
beschleunigt den Prozess, dass gleiche Aspekte aus den unterschiedlichen
Ranglisten zusammengefasst und anschließend alle Aspekte durch Punkte
priorisiert werden. Während der folgenden Diskussions- und
Entscheidungsphase können sich die SprecherInnen jederzeit mit ihrer
Gruppe rückkoppeln.
Das
Ergebnis wird in einen Maßnahmenplan übertragen.
Eine
Standardmaßnahme, die bereits im Maßnahmenplan eingetragen ist,
lautet: „Ausformulierung der vorher gesammelten Stärken“. Auf
diesem Weg werden die Stärken im Rahmen des QM dokumentiert.
In
der nun folgenden Pause können sich die TeilnehmerInnen überlegen, wer
(verantwortliche/r AnsprechpartnerIn) mit wem welches
Verbesserungspotential entwickeln will.
Nach
der Pause wird der Maßnahmenplan entsprechend ausgefüllt, d.h. es
entstehen kleine Projektgruppen, für die Realisierung der Maßnahmen.
Dabei wird deutlich, dass nur so viele Maßnahmen realisiert werden können,
wie Energie im Kollegium vorhanden ist. Das System ist aber so offen,
dass sich auch noch zu einem späteren Zeitpunkt KollegInnen für die
Realisierung einer Maßnahme entscheiden können. Nach den bisherigen
Erfahrungen werden je nach Größe des Kollegiums zunächst ca. fünf
bis 15 Maßnahmen in Angriff genommen.
Die
Projektgruppen werden mit dem Auftrag entlassen, bis zur nächsten
Gesamtkonferenz (die möglichst zeitnah erfolgen soll) einen Arbeitsplan
mit folgenden Punkten vorzulegen:
-
Genaue
Definition des Auftrages. Was umfasst er? Wo sind die Grenzen?
-
Wie
wird das Vorgehen zu dieser Maßnahme sein?
-
Woran
wird gemessen, ob die Maßnahme erfolgreich ist?
-
Bis
wann wird das erste Zwischenergebnis bzw. das Endergebnis vorgelegt?
Sechster Schritt: Maßnahmen
umsetzen
In der
Folgezeit werden die beschlossenen Maßnahmen entwickelt, ggf. erprobt
und umgesetzt. Dabei kommt der Schulleitung eine besondere Aufgabe zu.
Bei den beschlossenen Maßnahmen handelt es sich nicht um gute Ideen
einzelner KollegInnen, sondern um Maßnahmen, die zur Verbesserung der
Qualität an der Schule höchste Priorität haben. Insofern muss diesen
Maßnahmen von der Schulleitung auch gegenüber anderen zusätzlichen
Aufgaben Priorität eingeräumt werden. Denn hier kommt ein wesentlicher
Vorteil gegenüber dem bisherigen Vorgehen zum Tragen: Es werden für
die Maßnahmen Energien und Ressourcen eingesetzt, die in einem
systematischen Prozess von allen Betroffenen als höchst wichtig
eingeschätzt wurden! Alles andere muss dahinter zurück stehen
4!
Ein
Beispiel:
In
Schritt 5 fand sich auf dem Chart „Kriterium 1: Führung“ die
Aussage: mehr Anerkennung der MitarbeiterInnen durch regelmäßige Gespräche.
Auf dem Chart „Kriterium 3: MitarbeiterInnen“ die Aussage:
Bessere Motivation durch Zielvereinbarungsgespräche. Beide
Aspekte wurden zusammengefasst und erhielten eine hohe Punktzahl. In der
gemeinsamen Rangliste rangiert das Verbesserungspotenzial auf Platz 3.
Ein Mitglied der Schulleitung, ein Mitglied des Personalrates und zwei
weitere Kollegen und die Sekretärin haben sich zu einer Projektgruppe
zusammengefunden. Folgender Arbeitsplan wird vorgelegt:
-
Auftrag:
Einführung und Erprobung von Zielvereinbarungsgesprächen (ZVG)
-
Vorgehen:
a) Information zum Verfahren ZVG; b) Schulung der Führungskräfte;
c) Information der MitarbeiterInnen zum Vorgehen; d) Probephase auf
freiwilliger Basis; e) Festlegung von Messkriterien und Auswertung;
f) ggf. Implementierung
-
Zeitschiene
(Pädagogischer
Tag war im März): a) und b) abgeschlossen bis Mai; c) im Juni; d)
Sept. bis Dez.; e) Januar; f) ggf. Feb. des Folgejahres
In
der Folgezeit finden die unter „Vorgehen“ genannten Teilmaßnahmen
statt. Die Probephase verläuft erfolgreich und die Gesamtkonferenz
beschließt im Januar, dass regelmäßige Zielvereinbarungsgespräche
als verbindliches Führungsinstrument an der Schule eingeführt
werden.
Siebter Schritt: Review
nach einem Jahr
Jährlich
muss ein Review stattfinden. Sind die im Vorjahr beschlossenen Maßnahmen
gut umgesetzt worden, müssten sie nun als „Stärken“ in der
Beschreibung auftauchen, z.B. „Es finden jährliche
Zielvereinbarungsgespräche statt“, „Zielvereinbarungsgespräche
werden sehr positiv in den Befragungen zur Zufriedenheit der
MitarbeiterInnen bewertet“.
Damit
wird der kontinuierliche Verbesserungsprozess transparent, der sich an
der Schule entwickelt. Es entsteht schrittweise ein gemeinsames Qualitätsverständnis
und ein systematischer QM-Prozess. Nach ca. drei bis fünf Jahren kann
dann überlegt werden, in die nächste Phase des QM einzutreten: